Wie Digital Natives wirklich ticken, führen mir meine Kinder immer wieder vor Augen. An den Wänden hängen Poster von YouTube Stars, der Fernseher wird ausser für Fussball ignoriert und Email braucht man lästiger weise noch um ein Passwort zurückzusetzten.
Die Städtereise des Jahres ist der Ausflug nach Köln an die Gamescom, bei welcher die digitale Jugend bis zu acht Stunden ansteht, um für fünf Minuten die neuste Virtual Reality Brille zu testen, welches man in ein paar Wochen sowieso kaufen kann.
Aufgewachsen mit Commodore 64, Atari und Co. habe ich Verständnis für die Digitalisierung unserer Jugend. Gleichzeitig frage ich mich, was ich meinen Kindern, in dieser digitalen Zeit, Essentielles mit auf den Weg geben kann? Welche Grundvoraussetzungen sind heute nötig, damit man in einer digitalen Welt erfolgreich navigieren kann? Welche Fähigkeiten sollen meine Kinder lernen, um nicht in Sackgassen zu landen, die durch Roboter und Maschinen ersetzt werden? Ich selber habe meinen Kindern geraten, folgende Webseite anzuschauen, welche spielerisch die Wahrscheinlichkeit einer Automatisierung von verschiedenen Berufen umgesetzt hat.
Wenn also selbstfahrende Tesla-Flotten unsere Mobilitätsbedürfnisse «uberisieren» und 3D Drucker jeden Herstellungsprozess zum Kinderspiel machen, was soll ich meinen Kindern noch mit auf ihren Weg geben?
Ich bin überzeugt, dass wir unseren Kindern eine ganze Menge mitgeben können. Zum einen machen sie intuitiv schon vieles richtig und eignen sich bereits früh neue Fähigkeiten an, welche älteren Generationen fremd sind. Zu diesen intuitiven Fähigkeiten, welche spielerisch erlernt werden, zähle ich folgende um erfolgreich in die zukunft zu navivieren:
- Führungskompetenzen
- Teamwork
- Mehr Freude und Interesse an der «materiellen» Welt
- Leidenschaft und Hartnäckigkeit
- Neugierde und Kreativität
- Kritisches Denken
Führungskompetenzen
Digital Natives spielen selten alleine am Computer. Sie begeben sich regelmässig in Gruppenspiele. Das spannende dabei ist, dass bei Gruppenspielen gewisse Aufgaben nur in einem Team lösbar sind. In solchen Gruppenspielen wird sehr bald klar, wer wen begeistern kann, gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Das braucht Leadership und emotionale Intelligenz. Vor allem bei längeren Spielen, wo es darum geht, eine heterogene Gruppe mit verschiedenen Fähigkeiten in die gleiche Richtung zum Erfolg zu führen. Dies geschieht alles ohne Titel und künstliche Hierarchien! Den digital Natives ist klar, dass man nur gemeinsam in gemischten Teams grosse Erfolge erzielen kann.
Teamwork
Was bei uns früher die Lehrer einfache als «Abschreiben» abgetan haben, ist heute der solide Grundpfeiler jeder Schulklasse. Aufgaben werden in der Gruppe gelöst, besprochen, verteilt und erklärt. Für die digital Natives ist es selbstverständlichen, in agilen kleinen Schwärmen zusammenzuarbeiten und so zu kreativeren, schnelleren und besseren Resultaten zu kommen.
Neben den Fähigkeiten, welche sich die Kinder spielerisch aneignen, gibt es aber auch einige, die etwas härter erarbeitet werden müssen.
Mehr Freude und Interesse an der «materiellen» Welt
Hier geht es um die Grundlagen, welche in einer Technologie-getriebenen Welt den Sockel, bilden. Mathematik, Physik und Materialwissenschaften haben eine praktisch unendliche Gültigkeit. Dies im Gegensatz zu Wirtschaftstheorien, welche schon bei Negativzinsen weit ausserhalb ihrer Komfortzone liegen und somit unbrauchbar werden. Unsere Kinder sollten die technischen, physikalischen und chemischen Basis-Legosteine kennen, um auch in einer digitalen Welt «geerdet» zu bleiben und die Zusammenhänge zu verstehen.
Leidenschaft und Hartnäckigkeit
Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Menschen keine Mission in ihrem Leben haben. Wir brauchen einen inneren Antrieb, welcher uns schon am Morgen aus dem Bett treibt und uns ein Leben lang begleitet. Ich möchte meine Kinder unterstützen, ihre Leidenschaft und ihren inneren, persönlichen Antrieb zu finden. Genauso wie das Space-Shuttle Programm und Star Treck meine Neugierde und meine Leidenschaft für den Weltraum entfacht hat. Diese Leidenschaft sollte begleitet werden mit Hartnäckigkeit und langfristigen Zielen.
Neugierde und Kreativität
Eine neue Welt, geprägt von künstlicher Intelligenz und 3D Druckern, welche jedes beliebige Teil mit beliebigen Eigenschaften herstellen können, braucht kindliche Neugierde, Kreativität und Ideen. Das ist etwas, womit sich Maschinen auch in Zukunft extrem schwertun werden. Es geht darum, neue Weg zu finden, die es noch gar nicht gibt. Ziel ist es, diese auf unkonventionelle Art und Weise umzusetzen. Unsere Kinder müssen lernen, kreativ zu sein, Experimente durchzuführen und auch mit Misserfolg umzugehen. Misserfolg zu tolerieren ist schwer zu lernen und schwer zu unterrichten. Es ist aber eine der wichtigsten Lektionen im Leben.
Unsere Kinder wachsen in eine Zeit hinein, in der es einfacher den je sein wird, Ideen und Experimente umzusetzen. Sie werden künstliche Intelligenz erklären können wie ihre Bauteile aussehen müssen. Ob stabil, farbig, elektrisch leitend, druck- oder reissfest, wasserdicht etc. Die künstliche Intelligenz wird mit 3D Druckverfahren innert kürzester Zeit, diese Teile mit den gewünschten Eigenschaften herstellen. Der Plan für das grosse Ganze wird aber mit kindlicher Kreativität erstellt.
Kritisches Denken
In einer Welt, geflutet von Falschinformationen, Behauptungen ohne Grundlagen und gegensätzlichen Berichterstattungen ist es wichtiger denn je, das kritische Denken in den Vordergrund zu stellen. Unsere Kinder müssen lernen, aus dem ganzen Lärm, das Wesentliche zu filtern und eine eigene Meinung zu bilden. Diese Fähigkeit wird massiv vernachlässigt und sollte Pflichtfach in allen Schulen werden. Dazu gehören auch ethische und moralische Grundatzdiskussionen.
Neben den oben aufgeführten Fähigkeiten, gehört natürlich eine solide Basisausbildung dazu. Ohne Rechnen, Lesen und Schreiben kommt man nicht weit. Und auch Fremdsprachen werden, trotz aller künstlicher Übersetzter, einen emotionalen Vorteil, in der Kommunikation mit Menschen bedeuten.
Das spannende all dieser Fähigkeiten ist, dass sich diese fast 1:1 auf eine Firma übertragen lassen!
Um Agilität zu schaffen, brauchen wir neue Strukturen, Teamwork und neue Führungsansätze damit Mitarbeiter zu Hochleistungsteams auflaufen können.
Um nachhaltig zu überleben, muss eine Firma, Technologie als Katalysator für disruptive Vorgänge verstehen. Diese Technologien müssen systematisch beobachtet und verstanden werden, während man ruhig einmal über den Branchenrand hinausschauen sollte.
Es bedarf klarer Visionen und einer Portion Leidenschaft, um eine Firma vorwärts zu bringen. Dies braucht mehr Unternehmertum und Mut und weniger Verwaltung.
Zu guter Letzt muss Neugierde und Kreativität belohnt und zugelassen werden. Es braucht eine Trial-Error Kultur, mit dem Kalkül, dass nicht alle Experimente Erfolg haben können. Alleine die Zieljustierung von «der Erfolg des Experiments, ist das Ziel» hin zu «das Gelernte aus dem Experiment, ist das Ziel» kann einen grossen Unterschied in den Köpfen von Mitarbeitern machen.
Wir leben in einer Zeit exponentieller Veränderungen. Noch nie war es so schwierig, eine Leader Position zu behaupten und nie waren die Chancen und Möglichkeiten so gross, etwas Neues zu kreieren. Packen wir es an! Das digitale Manifest für die Schweiz, welches erst kürzlich erstellt wurde, ist ein ermutigendes Zeichen, dass auch das Schweizerische Umfeld für unsere Kinder, unsere Firmen und unseren Wohlstand an die Herausforderungen der digitale Transformation angepasst werden soll. Oder wie es Albert Einstein so schön formuliert hat: «Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.»
Weitere Themen auf unserem Blog
Chatbots Support-Alternative in Unternehmen
Trends im stationären Handel
Risikofaktor Mensch - Insider Attacken verhindern