Kundendienst ist heute nicht mehr zwingend an «echte» Mitarbeiter gebunden. Die digitale Transformation macht es möglich, häufig wiederkehrende Anfragen durch einen Chatbot erledigen zu lassen. Langfristig gesehen bedeutet dies für Unternehmen, dass sich umfassende Kosteneinsparungen umsetzen lassen – aber profitiert am Ende auch der einfache Kunde durch einen besseren Service?
Kundenservice heute – eine umständliche Angelegenheit?
Endkunden, die etwa im Versandhandel Produkte bestellen, haben unter Umständen Fragen zur georderten Ware oder zum Versandprozess. Wann kommt meine Sendung an? Welche Dimensionen hat das Paket? Das Produkt ist da – aber wie benutze ich eine bestimmte Funktion? Die klassische Vorgehensweise stützt sich auf mehrere Optionen für Verbraucher:
- Die Anfrage via E-Mail funktioniert zwar, gleichzeitig ist sie jedoch an mitunter hohe Wartezeiten gebunden. Gerade über Wochenenden hinweg müssen Kunden so Antwortzeiten von bis zu 72 Stunden akzeptieren.
- Das Telefon ist eine weitere beliebte Alternative. Hier stehen Verbraucher jedoch vor dem Problem, eventuell Kosten für diesen Service entrichten zu müssen. Ausserdem kann es – abhängig vom Unternehmen – auch hier zu Warteschleifen und damit verschwendeter Zeit kommen.
- Die Webseite des Unternehmens bietet möglicherweise Hilfe. Gebrauchsanleitungen für Produkte sind mitunter aber deutlich überdimensioniert und in „Tech-Speak“ geschrieben – oder der umgekehrte Fall tritt ein und die notwendigen Informationen werden nicht gefunden.
- Zu guter Letzt hilft noch eine einfache Suche im Internet nach der gewünschten Problemlösung. Dies sollte jedoch eigentlich nicht in den Händen des Kunden liegen: Support zu liefern, ist Aufgabe des Anbieters.
Jede Option ist somit kompromissbehaftet. Gleichzeitig handeln unsere Beispiele von Anfragen, die eher simpler Natur sind und die mit einem einfachen Blick in eine Datenbank zu lösen wären. Das Problem: Der Kunde hat keinen Zugriff auf jene Datenbanken. An genau dieser Stelle kommen Chatbots ins Spiel, die eine Brücke zwischen Anfragen und Antworten schlagen und damit sowohl Support-Mitarbeiter entlasten als auch Kundendienst schnell, einfach und zu jedem beliebigen Zeitpunkt zur Verfügung stellen.
Chatbots: ein Erklärungsmodell
Diese kleinen Helfer könnten uns in der Zukunft viel Arbeit abnehmen. Für den Kunden läuft eine Supportanfrage über einen Chatbot im Kern nicht wesentlich anders ab als etwa ein Gespräch über Skype, Telegram, WhatsApp und andere populäre Messenger. Hinter dem Gesprächspartner verbirgt sich allerdings keine echte Person, sondern ein Computerprogramm – ein Bot. Dabei handelt es sich um Programme, die auf Machine Learning basieren und für viele typische Kundenanfragen Antworten bereithalten – unabhängig von Syntax und Rechtschreibung in den Anfragen. Natürliche Sprache reicht somit aus.
Vorteilhaft für den Kunden sind Chatbots unter anderem aus den folgenden Gründen:
- Sie arbeiten rund um die Uhr und sind daher immer genau dann erreichbar, wenn auch das Problem auftritt.
- Die Antworten sind kurz und präzise und spiegeln den jeweiligen Wissensstand des Unternehmens zur Problemlösung wider.
- Genervte Supportmitarbeiter gibt es in diesem Bereich nicht – der Bot ist immer freundlich, weil er so programmiert wurde.
- Sie sind genauso simpel anzuwenden wie die bereits genannten Beispiele der Instant Messenger.
Wer schon einmal ein Gespräch über einen Messenger geführt hat, wird also keine Probleme bekommen, diese Technik einzusetzen. Es ist ausserdem nicht notwendig, zusätzliche Software zu installieren – und auch die Leistungsfähigkeit des genutzten Geräts spielt keine Rolle. Kann ein beliebiges Endgerät Webseiten darstellen, wird es auch in der Lage sein, Anfragen an Chatbots zu stellen. Da alles auf natürlicher Sprache basiert, ist es aus Sicht des Kunden auch nicht notwendig, beispielsweise technisches Fachvokabular zu verwenden. Die Erkennungsrate für natürliche Sprache liegt inzwischen auf einem sehr hohen Niveau, was viele Menschen bei der täglichen Nutzung von Sprachdiensten für Smartphones erleben.
Als Supportlösung sind diese Helfer daher sehr attraktiv – und zwar annähernd überall.
Anwendungsbereiche von Chatbots
Eine echte Beschränkung gibt es für Bots nicht. Das Programm dahinter kann praktisch überall eingesetzt werden – in Rechnungs- und Finanzabteilungen von Unternehmen, im technischen Bereich oder auch für Anfragen in Bezug auf Termine oder Kontakte. Das Unternehmen bestimmt, wo sich Chatbots integrieren sollen. Er füttert sich selbst mit den Daten, die er braucht, um seine Arbeit vorzunehmen. Sobald die Integration in die gewünschten Systeme abgeschlossen ist, stehen Chatbots sofort zur Nutzung bereit – was deutlich schneller sein dürfte als die Schulung von «echtem» Personal. Weiss der Bot einmal nicht weiter, ist auch die Weiterleitung an den menschlichen Support denkbar. In jedem Fall profitieren beide Parteien: Unternehmen halten Mitarbeiter für wirklich schwierige Anfragen bereit, Kunden kommen schneller zu ihrer gewünschten Antwort. Die Einbindung gelingt dabei an Orten, die sich das Unternehmen wünscht: direkt auf einer Webseite, als Bot in Skype integriert, als Teil einer separaten App und vieles mehr.
Kundendienst aus Sicht der Unternehmen
Der Service für Kunden über Chatbots bedeutet gleichzeitig einige Vorteile für Unternehmen. Sehen wir uns dazu die folgenden Pluspunkte an:
- Chatbots sind, ebenso wie Hardware und Software generell, skalierbar. Sofern die Rechenleistung im Hintergrund ausreicht, kann ein einziger Bot sowohl 20 Anfragen als auch 200‘000 Anfragen gleichzeitig bearbeiten. Dies ist nicht an umfangreiche Modernisierungsmassnahmen gebunden, sondern kann vom Unternehmen sofort veranlasst werden.
- Die Betriebskosten belaufen sich rein auf die Bereitstellung von Hardware und Software sowie deren Wartung. Chatbots sind nicht versichert, bekommen kein Gehalt und verlangen keinen Urlaub. Diese geringe Kostenhöhe lässt sich also selbst für kleine Start-ups mit einem zu Beginn nur sehr geringen Budget für Support problemlos stemmen.
- Der Burn-Out von Mitarbeitern im Supportbereich kommt seltener vor. Simpelste Anfragen, die für einen Supportmitarbeiter schon fast an eine Beleidigung grenzen, bleiben aussen vor. Stattdessen widmen sich Angestellt jeden Tag echten Herausforderungen, die auch karrierefördernd wirken können.
Noch sind der Technik natürlich Grenzen gesetzt: Komplexen Konversationen kann ein Chatbot nur begrenzt folgen. In Zukunft werden die Mechanismen jedoch besser – und bis dahin profitieren Unternehmen schon jetzt von einem Kundenservice, der vielversprechend arbeitet und kostengünstig im Betrieb ist, wie die folgenden Zahlen zeigen.
Einführung von Chatbots in der Schweiz
Was derzeit noch ein wenig nach Zukunftsmusik klingt, ist für zahlreiche Unternehmen auch in der Schweiz bereits Realität. Der Oracle-Studie lässt sich entnehmen, dass 36 % aller Unternehmen bereits Bots selbst entwickeln oder auch fertige Modelle anbieten. Bekannte Namen sind hier vor allem im Banken- und Versicherungsbereich zu finden, darunter die UBS, Bank Cler, CSS sowie Helvetia Versicherung. Demgegenüber stehen Unternehmen wie Sanagate und Energie360°: Im Kern handelt es sich dabei um KMU, die sicher nicht mit den weltweit operierenden Konzernen konkurrieren können. Dennoch bieten auch diese beiden Beispiele Chatbots an, um den Kundenservice zu entlasten und auch den Kundennutzen hervorzuheben. Dies lässt sich weiterverfolgen bis zu den bereits erwähnten Start-ups, die kleine, eigene Projekte auf die Beine stellen und sich dadurch finanziell entlasten.
Fazit
Die digitale Transformation verläuft nicht für die meisten Endverbraucher unsichtbar im Hintergrund, sondern ist am Beispiel von Chatbots auch ganz real spür- und erlebbar. Bis wirklich alle Supportmitarbeiter aus Fleisch und Blut aus Unternehmen verschwinden, werden noch viele Jahre vergehen. Unaufhaltbar scheint die Entwicklung aber schon jetzt. Davon profitieren sowohl Kunden durch mehr Flexibilität und präzisere Antworten als auch Unternehmen, die sich auf hohe Kosteneinsparungen freuen dürfen – und zwar vom frischen Start-up bis zum weltweit agierenden Grosskonzern.